Re: Der Fall
Geschrieben von Parivadi das am 11. August 2005 11:01:19:
Als Antwort auf: Re: Der Fall geschrieben von Bhaktin Geli am 10. August 2005 20:43:
Liebe Bhaktin Geli,
Du fragst:
>@ Lieber Parivadi, an dich habe ich noch eine Verständnisfrage. Von der katholischen Kirche her kenne ich die Bezeichnung Gemeinde für eine willkürlich räumlich zusammengefasste Gruppe von Menschen gleicher Konfession, meist örtlich nahe zusammen wohnend. Ordensmitglieder sind diejenigen Männer und Frauen, die in einem Kloster oder einer Wohngemeinschaft leben und sich dem Zölibat verschrieben haben. Wie aber ist das bei den Hare Krishnas? Wer gehört nun nach deiner Auffassung genau zum Orden? Nur diejenigen Geweihten, die in einem Tempel leben, oder aber auch die Devotees, die eingeweiht in einem Haushalt leben? Oder noch andere? Wer ist ganz konkret ein Gemeindemitglied?<
Die Unterscheidung ergibt sich aus der Bhagavad-gita:
12.9: Mein lieber Arjuna, o Gewinner von Reichtum, wenn du deinen Geist nicht ohne Abweichung auf Mich richten kannst, so befolge die regulierenden Prinzipien des bhakti-yoga, und entwickle auf diese Weise den Wunsch, zu Mir zu gelangen.
Das sind die Ordensmitglieder. Sie unterwerfen sich freiwillig der Disziplin und zwar nach einem Standard, den der Orden vorgibt.
12.10: Wenn Du die Prinzipien des bhakti-yoga nicht praktizieren kannst, dann versuche einfach, für Mich zu arbeiten, denn indem du für Mich arbeitest, kannst Du die Stufe der Vollkommenheit erreichen.
Das sind die Gemeindemitglieder, die mit ihren Aktivitäten den Orden unterstützen.
Meist ist es so, dass die Gemeindemitglieder graduell sich darum bemühen, Ordensprinzipien in ihr Leben einzubauen. Es ist also keine schwarz-weiß-Geschichte.
Im übrigen gehört es bei der ISKCON nicht zu den Ordensregelen, in einer Tempelgemeinschaft zu leben. Man kann den Ordensregeln auch in seinem privaten Umfeld folgen. Zu den Ordensregeln gehört es aber, dass man regelmäßig Gemeinschaft mit anderen Ordensmitgliedern pflegt.
Die ISKCON hat in den letzten Jahren in verschiedenen Ländern ein System eingeführt, durch das ein Gemeindemitglied angespornt wird, sich mehr und mehr auch den Prinzipien des bhakti-yoga zu verpflichten. Das Programm heißt bhakti-vrikscha-Programm. Ich habe es auf der ISKCON-Deutschland-Website unter bhakti-yoga-Fernkurs, Teil 5, vorgestellt. Es werden dort Stufen beschrieben, mit denen man sich dann individuell identifizieren kann.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass - im Unterschied zu den meisten christlichen Orden - die Praxis des Krishna-Bewusstsein wesentlich flexibler gestaltet wird. Dies hat folgenden Grund: Die Hare-Krishna-Schülernachfolge wird durch lebende spirituelle Meister weiter getragen, die ihre Schüler ganz individuell betreuen. Das Ordensschema ist also mehr oder weniger hier nur ein Hilfsmittel, um dem Geist die Möglichkeit zu geben, sich irgendwo zuhause zu fühlen. Wir benötigen eine Identifikation mit einem bestimmten System, sonst laufen wir Gefahr, launisch und unkonzentriert zu werden, wodurch die illusionierende Energie wieder leichte Hand hat, uns zu versklaven. Mit anderen Worten: Krishna-Bewusstsein ist nicht auf den Orden angewiesen, jedoch ist eine Ordnung für uns sehr wichtig, um Stabilität zu gewinnen. Die Unabhängigkeit des Krishna-Bewusstsein vom Orden kommt in der Bhagavad-gita hier zum Ausdruck:
12.8: Richte deinen Geist einfach auf Mich, die Höchste Persönlichkeit Gottes, und beschäftige all deine Intelligenz mit Mir. So wirst du ohne Zweifel immer in Mir leben.
Personen, die diese Stufe erreicht haben, sind auf den Orden nicht mehr angewiesen. Beispielsweise ist der Kämpfer Arjuna kein Ordensmitglied, aber er ist ein reiner Geweihter Krishnas. Reine Geweihte leben uns - so wie Shrila Prabhupada - zu unserem Vorteil ein Ordensleben vor, damit wir davon profitieren können.
Herzlichst
Dein Diener
Parivadi das